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Prolog
Aus verschiedenen Gründen habe ich mich in den letzten Wochen mehrfach mit dem Thema „Geschäftsmodelle im Internet“ beschäftigt. Was zunächst sehr banal klingen mag, ist bei näherer Betrachtung jedoch gar nicht immer so eindeutig. Die Vielzahl an (kommerziellen) Webseiten täuscht all zu schnell darüber hinweg, dass es lediglich eine Hand voll Methoden gibt, über das Internet einen unmittelbaren Umsatz zu erzielen.
Unmittelbar bedeutet in diesem Fall, dass zwischen einer Aktion eines Users und einem realen Geldfluss sowohl eine logische Verknüpfung besteht (z.B. ein Käufer kauft ein Produkt), also auch begrenzter Zeitrahmen liegt (z.B. 2 Wochen Zahlungsziel).
Umsatz bedeutet in diesem Fall, dass über die in Anspruchname eines ein klar definiertes Produkts (Ware oder Dienstleistung) regelmäßig reale Zahlungsflüsse stattfinden.
„Exits“, also Projekt- oder Unternehmensverkäufe, werden bei dieser Betrachtungsweise bewusst ausgeklammert, da der „Exit“ selbst per Definition (es fehlt das Nutzenversprechen) kein Geschäftsmodell im klassischen Sinne sein kann. Auch bei einem Unternehmensverkauf kalkuliert der Käufer mit einem (bisher möglicherweise noch nicht realisierten) Geschäftsmodell, welches auf unmittelbarem Umsatz fußt.
Geschäftsmodelle
Auf Basis der Begriffsdefiniton von unmittelbarem Umsatz lassen sich fünf Geschäftsmodelle für Internetunternehmer identifizieren.
Das werbefinanzierte Modell
Im werbefinanzierten Geschäftsmodell werden Werbeflächen (z.B. Banner) an Werbekunden vermietet. Die Abrechnung erfolgt in Abhängigkeit der Anzahl der Nutzer, denen die Werbeflächen angezeigt wurden (TKP). Ziel innerhalb dieses Geschäftsmodells muss sein, eine maximale Anzahl an Nutzern nicht nur zu gewinnen, sondern auch zu halten und zu wiederkehrenden Besuchern zu machen.
Beispiel: Contentportale (also Webseiten mit redaktionellen Inhalten), zahlreiche Zeitungen und Social Networks gehören zu den ausschließlich bis mehrheitlich werbefinanzierten Webseiten. Die Nutzerbindung wird durch kontinuierliche Aktualisierung der Inhalte (Zeitungen) oder die Bereitstellung eines kostenlosen Services (z.B. Netzwerk mit Freunden, Foren, kostenlose Browserspiele …) erreicht.
Unternehmen: StudiVZ, Zeit.de, Pennergame
Das transaktionsfinanzierte (Dienstleistungen) Modell
Im transaktionsfinanzierten Modell auf Dienstleistungsbasis wird ein zeitlich befristetes, nicht-materielles Produkt an Kunden vermietet. Die Abrechnung erfolgt in Einheiten pro Einheit/Nutzer/Monat/…
Ziel innerhalb dieses Geschäftsmodells muss sein, eine maximale Anzahl an Nutzern zu gewinnen, die eine maximale Anzahl an Abrechnungseinheiten erwerben (z.B. lange Laufzeit bei Abomodellen oder häufige Nutzung bei Abrechnung pro „Stück“).
Beispiel: Anzeigenmärkte (Auto- und Immobilienbörsen, Auktionshäuser,…), kostenpflichtige Mitgliedschaftsmodelle (Social Networks, Software as a Service) und Dienstleistungsunternehmen (Marketingagenturen, „Amazon Mechanical Turk“) basieren auf dem transaktionsbasierten Modell.
Alle Unternehmen dieser Kategorie haben gemein, dass die Wertschöpfung beim Unternehmen selbst liegt: Social Networks, Börsen und Auktionshäuser stellen die Infrastruktur bereit, Applicationprovider entwickeln Software, Dienstleister leisten Diensleistungsstunden.
Unternehmen: Jobscout, pkw.de, ebay, Xing, Immowelt
Das transaktionsfinanziert (Waren) Modell
Im transaktionsfinanzierten Modell auf Warenbasis wird ein physisch greifbares Produkt an den Kunden verkauft. Die Abrechnung erfolgt pro verkaufter Einheit.
Ziel innerhalb dieses Geschäftsmodells muss sein, eine maximale Anzahl an Nutzern zu gewinnen, die jeweils eine maximale Stückzahl1 eines Produkts/der Produkte erwerben.
Das Ziel der maximalen Stückzahl an abgesetzten Produkten pro Nutzer schließt die Zielerreichung über einen längeren Zeitraum mit ein, da Wiederkäufer in der Regel mit geringerem Aufwand zu gewinnen sind.
Beispiel: Jeder Art von Onlineshop mit physischer Ware.
Unternehmen: Amazon, MyMuesli, Quelle, Spreadshirt
Das vermittlungsfinanziert Modell
Im vermittlungsfinanzierten Modell werden Nutzer einer Webseite an Werbekunden weitervermittelt. Die Abrechnung erfolgt per Klick oder auf Provisionsbasis pro vermitteltem Käufer.
Ziel innerhalb dieses Geschäftsmodells muss sein, eine maximale Anzahl an Nutzern zu gewinnen, die jeweils auf kürzestem Weg die eigene Webseite über die „richtigen“ Links wieder verlässt.2
Eine Umsatzsteigerung kann bei diesem Modell einerseits über eine steigende Masse an vermittelte Nutzern, andererseits (bei der Vermittlung von Käufern) über die zielgerichtetere Nutzerströme realisiert werden.
Da hier kein reeller Wert geschaffen wird, funktioniert das vermittlungsfinanzierte Modell ausschließlich in einem Wirtschaftssystem, in dem genügend Unternehmen mit anderen Geschäftsmodellen existieren.
Beispiel: Suchmaschinen (der mit gigantischem Abstand größte Bereich für dieses Geschäftsmodell), Webseiten mit „contextsensitiven Textwerbelinks“, Affiliateseiten
Unternehmen: Google, Zanox(nutzer)3
Das Mitgliedschaftsmodell
Im Mitgliedschaftsmodell werden den Nutzern einer Webseite Gebühren für die Nutzung berechnet. Die Abrechnung erfolgt pro Leistungszeitraum und gegebenenfalls Leistungsumfang.
Ziel innerhalb dieses Geschäftsmodells ist es, aus der Gesamtzahl der Seitenbesucher möglichst viele zahlende Nutzer zu gewinnen und diese über einen maximalen Zeitraum zu halten. Eine Umsatzsteigerung wird oftmals über die Bereitstellung einer kostenlosen Variante realisiert, über welche die Akquise von zahlenden Mitgliedern deutlich erleichtert wird.
Beispiele: Social Networks, Partnerbörsen, Onlineapplikationen
Unternehmen: Xing, Neu.de, Office Live
Was tun mit den Erkenntnissen?
Dazu muss zunächst klar sein, was die Erkenntnisse sind, und derer gibt es viele. Eine Erkenntnis kann beispielsweise sein: Das vermittlungsbasierte Modell sowie das werbefinanzierte Modell sind beide jeweils in maximalem Maß von einem gesunden wirtschaftlichen Umfeld abhängig, das werbefinanzierte Modell sogar noch in einem größeren Maß, da vermittlungsbasierte Modelle für Werbekunden oftmals deutlich kostengünstiger sind und damit eher bevorzugt werden.
Dennoch besteht auch hier eine nicht änderbare Abhängigkeit von Faktoren, die ein Unternehmer dieses Geschäftsmodells nicht beeinflussen kann.
- Als Unternehmer sollte man sich dann fragen: Ist es ratsam, ein Unternehmen aufzubauen, dessen Geschäftsmodell so viel Risiko impliziert? Wie kann ich das Risiko besser abfangen und verteilen?
- Als Arbeitnehmer kann ich mit dieser Erkenntnis besser beurteilen: Wie solide und sicher steht das Internetunternehmen da, bei dem ich arbeite/mich bewerbe?4
- Als Investor kann ich mit dieser Erkenntnis Schwachstellen erkennen und als Entrepreneur meine Investoren besser überzeugen.
Und das sind nur drei Beispiel eines einzigen Aspekts. Es lohnt sich immer, nicht nur eine konkrete Idee zu beurteilen, sondern auch einen Blick auf das Geschäftsmodell dahinter zu werfen.
Betrachung erfolgt zur Vereinfachung ohne Berücksichtung der Invesitionskosten für Absatzplus ↩
Dies gilt auch für Sonderformen wie Affiliatemarketing über SEA, wobei hier als „eigene Webseite“ ein Trackinglink ausreichen kann. ↩
Die Affiliateplattformen selbst treten als Technologieanbieter auf und sind nicht die eigentlichen Trafficvermittler. ↩
Das Geschäftsmodell ist EIN Faktor von sehr vielen für die Beantwortung dieser Frage. Aber ein wichtiger. ↩